Sommer 2023
Die Musik liebt mich nicht so, wie ich sie liebe. Dieser Beitrag wird ein Lamento werden. Eine schmerzhafte und leidenschaftliche Betrachtung über die vergangenen vier Jahre in der Beziehung zwischen dem Klavier und mir.
An die Leserinnen und Leser meines Klavierblogs.
Ich bin zur Zeit ein wenig ratlos. Denn ich habe keine Ahnung ob es mit mir auf meiner musikalischen Reise weitergehen wird. Als Klavieranfängerin habe ich mich voller Enthusiasmus in dieses Abenteuer gestürzt und versucht, meine Fortschritte und Erfahrungen mit euch zu teilen.
Doch in letzter Zeit habe ich einen ordentlichen Motivationseinbruch erlitten und weiß nicht so recht, wie ich da rauskommen und ob ich mit Klavierspielerlernen weitermachen soll.
Die Expedition begann ein bisschen vielversprechend vor vier Jahren. Und es war sooo aufregend für mich. Zuerst die Recherchen dafür, anschließend der Kauf von meinem Digitalpiano, die Suche nach einem Klavierlehrer, die Anmeldung bei der Neuen Jazzschool, Notenerwerb, das Clavioforum, mein klassischer Klavierlehrer und die vielen vielen Gespräche über dieses Thema mit Freunden und Familie.
Dann die ersten Versuche auf den Tasten, manchmal ein klitzekleiner Erfolg. Es war wie ein Rausch, ich voll verliebt, ein aufregender Start in eine neue Lebensphase.
Doch ich habe mich häufig überfordert gefühlt, Zusammenhänge nicht erkennen können, die Handmotorik nicht unter Kontrolle gehabt und mein Selbstvertrauen schwand zunehmend. Ich habe an mir und meinen Fähigkeiten gezweifelt und mich ständig mit anderen verglichen, die scheinbar mühelos lernen und spielen konnten.
Im Clavio Forum habe ich oft über diejenigen gestaunt, die sich, wie ich, als Komplettanfänger im Forum angemeldet haben und innerhalb kürzester Zeit schon tolle Fortschritte dokumentieren konnten. Neid und Resignation gleichzeitig sind in mir erwacht.
Ich frage mich, ob ich überhaupt ein bisschen Talent für das Klavierspielen besitze? Vielleicht bin ich auch einfach zu alt dafür. Oder ist es möglich, das mir dieses wunderbare Instrument nicht liegt? Egal wie mächtig ich mich anstrenge, es fällt mir schwer, die richtigen Tasten zu treffen und die Töne zum Leben zu erwecken, in Musik zu verwandeln. Es frustriert mich sehr, da ich so gerne Klavierspielen können würde, aber anscheinend nicht die Begabung dafür habe. Vielleicht auch nicht die Fähigkeit das Wesentliche für einen Fortschritt aus dem Unterricht aufzunehmen.
Meint ihr, ob es sinnvoll ist, weiterhin Klavierunterricht zu nehmen und zu üben?
Ich gewinne langsam den Eindruck, die Musik liebt mich nicht so, wie ich sie liebe. Ich tu mir schwer mit dem Erlernen von musikalischen Strukturen, habe wenig Gefühl für Rhythmus. Und lasse mich, leider, sehr schnell entmutigen. Auf der Plusseite steht allerdings: „Sie übt gerne, wenn sie die Zeit dafür findet“.
Ich fühle mich immer noch wie die kleine Person von Christoph Niemanns Druck, die auf der Klavierbank seht und voller Sehnsucht ihre Arme nach oben zum Fenster, zum Licht, zu der Erleuchtung, der Freude die Musik geben kann, hinauf streckt.
Von Zeit zur Zeit taucht mein Klavierlehrer auf. Wenn ich nicht wieder unsere Stunde abgesagt habe. Wir machen dann ein bisschen an der Clementi Sonate weiter. Die ersten zwei Teile, die ich schon mal erlernt habe, kann ich nun wieder abrufen. Der dritte, an dem ich damals nicht weiterkam, an dem arbeite ich mich aufs aufs Neue ab.
Die sechste der vierhändigen Diabelli Sonatinen funktioniert inzwischen. Sie gefällt mir gut, weil sie abwechslungsreich ist, aber nicht zu schwer. Sie ist aber erst die zweite die ich erlernt habe. (Ähnlichkeiten mit der Reihenfolge der Star Wars Episoden sind hier aber rein zufällig)
Mein Klavierlehrer ist ratlos und befürchtet mich zu verlieren.
Ich kann es ihm absolut nicht verdenken. Weil ich selber nicht weiß, ob ich mich im Dickicht und der Wirrnisse von den letzten vier Jahre schon verloren habe.