April 2021
Mit der Leitung der Neuen Jazzschool und dem neuen Dozenten wurde nun vereinbart Doppelstunden abzuhalten. Es haben sich im Lockdown viele Stunden zum Nachholen angesammelt. In einer wird Theorie und Rhythmik behandelt, und dann versucht das Ganze am Klavier umzusetzen. So ähnlich haben wir es nach dem ersten Lockdown abgehalten und das hat mir damals viel Spaß gemacht.
Zur ersten Stunde nach der langen Pause habe ich zwei Kaffee mitgebracht. Hatte ja keine Erinnerung mehr wie mein Pianodozent ausgesehen hat und wollte eine Art Kontaktaufnahme initiieren. Erschrockener Blick: „Oh Gott! Die Frau hat zwei Becher mit Kaffee dabei. Sie will wieder reden!“ Vielleicht war es diesmal aber nicht ganz so schlimm für ihn. Denn als Friedensangebot habe ich angeboten dabei eine Zigarette mit ihm zu rauchen.
Er ist gesund geblieben, aber eine vierzehntägige Quarantäne überstehen müssen und hat nun die Nase voll von Online-Unterricht. Mit Kindern verläuft er besonders anstrengend.
Wir starten engagiert den Unterricht mit den Stufenbezeichnungen, der Durtonleiter, den Maj7, C7, C-7. Die großen Terzen hatte ich mir richtig gemerkt gehabt und die Quinten waren auch korrekt.
In der nächsten Stunde bringt der Dozent die Noten für „Greensleeves“ mit. Auch eines jener Lieder, die meine Tochter so wunderbar auf der Querflöte spielen hat können. Dazu mußte ich mir die Akkorde erarbeiten. Und das auch noch in einer guten Stimmführung.
Er ist ein bisschen erbarmungslos wenn ich die Terminologie unpräzise und unkonkret andeute oder verwende.
Dann gibt’s aktuell eine Schnittstelle zum klassischen Klavierunterricht. Beide Dozenten bestehen in den Stücken darauf, das ich die vorgeschlagenen Fingersätze exakt berücksichtige.
Den Blues erwähne ich lieber erst gar nicht, will ja keine schlafenden Hunde wecken.
In der nächsten Jazzklavierstunden werde ich etwas getadelt, weil ich die Akkorde und die Melodie nicht wirklich verinnerlicht habe. Da schäme ich mich gleich ein wenig. Leider ist so was sehr schnell erkennbar. Wenn ich aus dem Kontext gerissen werde, wegen einem Fehler und anschließend nahtlos weiter spielen soll. Da bin ich häufig völlig orientierungslos. Die Situation ist ja eine altbekannte. Nur der neue Dozent kennt sie und mich noch nicht so gut und das ist mir dann doch etwas peinlich.
In der BFS finden zu Zeit Prüfungen statt. Er war in einer der letzten Stunden tatsächlich mal nicht so temperamentvoll und lebendig wie sonst. Er hatte an dem Tag welche absolviert und ich konnte bemerken, das ihm das ein wenig Energie geraubt hat.
Er erinnert sich daran, das wir vereinbart haben Rhythmikübungen in unsere Stunden zu integrieren. Was war das doch für ein dummer Einfall von mir? Ich soll zählen. Am liebsten wäre ich ganz schnell aus dem Fenster gehüpft. Erdgeschoss. Hätte ich also überlebt.
Greensleeves ist im ¾ Takt geschrieben. Den mag ich besonders wenig gern zählen! Ich kann das Lied schon mal ganz grundsätzlich nicht einzählen. Oder heißt das anzählen?
Das wird eine Stunde, die auch anstrengend für den Newcomer-Dozenten ist. Er versucht zwar ruhig und beharrlich zu bleiben. Aber er mußte ein paar Mal im Unterricht aufstehen, weil es schwierig war auszuhalten, das ich mich genauso beharrlich verzähle. Dann mal richtig zähle, mich aber verspiele und damit alles kaputt mache. Er läuft ein paar Schritte hinter mir hin und her, um die Spannung abzubauen die entstanden ist. Ich nehme das sehr deutlich war, habe aber dabei nur ein wenig Mitleid mit ihm.
(Die Neins im folgenden Dialog während unserer Stunde muß man sich in etwa so vorstellen: Papa sagt zum Nachwuchs, NEIN, mein Liebes, dein Hamster darf keine Coca Cola trinken. NEIN, Kind! Du läufst nicht bei Rot über die Straße. NEIN. Schnecken werden ganz bestimmt nicht als Bewohner in deiner Legostadt eingesetzt.)
Also. Ich versuche ihn zu überreden, ob es nicht doch ohne Zählen geht. „NEIN. Es wird gezählt.“ Ob er nicht vielleicht für mich zählen könnte? „NEIN. Du zählst.“ Und wenn ich nur ganz leise ….? „NEIN. Zähl laut.“ Oder in Gedanken? „NEIN. ZÄHL JETZT ENDLICH!“
Da mußte ich schon fast ein bisschen in mich hineinschmunzeln.