Musikalisches Intermezzo - Laudate Dominum 2020

Februar 2020

-non requiem, sed vitam futuram.

Ach, wie gerne nehme ich an solchen Musikwochen teil. Heuer ist es mein drittes Mal auf der internationalen Kirchenmusikwoche in St. Pölten. Meine zwei Begleiter vom letzten Jahr konnten nicht mitfahren. Das bedeutet aber in keinem Fall das ich mich einsam fühlen muss. Es gibt viele liebe Gesichter auf die ich mich freuen kann. Manche nehmen an der ICAK teil, manche kenne ich von der Chor- und Orchesterwoche aus Hinterschmiding. (Für die habe ich unglücklicherweise in diesem Jahr keinen Urlaub gewährt bekommen. Kolleginnen, die Mütter von kleinen Kindern sind, werden bei der Urlaubsplanung verständlicherweise bevorzugt.)

 

Es gab einen Referentenwechsel. Deshalb haben sich einige von den treuen und langjährigen Teilnehmer vom Laudate Dominum verabschiedet. Der amerikanische Professor ist in Rente gegangen und aus diesem Grund ist die amerikanische Truppe auch ziemlich geschmolzen. Nachdem ich noch nicht solange dabei bin, sehe ich aber den Wechsel und die Veränderungen deshalb etwas entspannter und nicht so tragisch.

 

Der Plenumsreferent kommt aus Zürich. Er hört sich beim Sprechen aber verdächtig nach einem Franken an. Ich fand ihn großartig und sehr effizient. Er verbindet viele zusätzliche Informationen zu dem Werk in seiner Probenarbeit. Ach ja: das Hauptwerk war das Requiem von Gabriel Faure. Habe ich noch nie gesungen, nur vorher ein paar Mal mit dem Klavierauszug in der Hand zu der CD mitgelesen. War aber nicht besonders schwer. Der Alt singt in zwei Stücken eh nicht. Da war man fast froh, das man den Tenor unterstützen durfte, weil der wie immer, zu wenige Sänger hatte.

IMG 20200203 134329Ich habe diesmal Dirigieren für Fortgeschrittene gewählt, als „Stimmvieh“. Konnte deshalb den neuen Referenten mit seinen pädagogischen Ratschlägen bei den Schülern beobachten. Das hat wirklich großen Spaß gemacht. Er hat sich für die TN an dem Seminar den Wecker gestellt, damit jeder die gleiche zeitliche Aufmerksamkeit bekommt. Die Kritik oder Verbesserungsvorschläge wurden profund und wertschätzend angebracht. Da habe ich schon ganz andere Situationen erlebt, in denen ich schon fast das Seminar verlassen wollte, weil ich die Art und Weise der Kritik verletzend und unangenehm empfand. Hier in keinem Fall. Ein toller Mann und, wie ich finde, ein würdiger und angemessener Ersatz.

 

Der amerikanische Chorprofessor aus Missouri war zur großen Freude aller wieder dabei. Wir haben ihn im letzten Jahr schmerzlich vermisst. Er und sein Universitätschor durfte im Frühjahr als einer von vier Chören an einem sehr renommierten US Chorevent teilnehmen. Dafür wollte er sich und seinen Chor intensiv vorbereiten und musste deshalb das Laudate Dominum absagen. Es ist ein solches Glück diesen charismatischen und menschenfreundlichen Chorleiter erleben zu dürfen.

Die geistliche Begleitung hat leider ebenfalls einen Wechsel erfahren müssen. Es gibt zwei Orgellehrer, in deren Einzelstunden man Improvisation und neue Literatur kennenlernen kann. In diesem Jahr wurde zum ersten Mal auch kirchliche Komposition angeboten.

 

Die Gesamtleitung der Woche blieb gleich und würzte weiterhin die Ansagen und das Einstudieren im Studio mit unvergleichlich trockenen und witzigen Bemerkungen und Anekdoten. Er hat für das Laudate Dominum ein fast monumentales 8-stimmiges Stück für uns Sänger geschrieben. Ein Scheitern bei der Endaufführung war gar nicht so fern. Denn es gab etwas zu wenig Zeit zum Einstudieren für dieses große Werk. Der Faure musste ja ebenfalls geprobt werden. Der Favoritchor mit dem geistlichen Liedgut aus mehreren Jahrhunderten und der Kammerchor vom Amerikaner haben auch ihre Zeit gebraucht.

Viele schöne Lieder, eine interessante Auswahl, manche schwer und nicht gleich zugänglich. Meist sind das dann die Lieder, die man hinterher am „liabern“ hat, wie der Österreicher sagen würde. Denn man muß sie sich und für sich erarbeiten.

 

IMG 20200205 115324Meine persönliche Herausforderungen auf dieser Woche war das Einschreiben für Komposition. Ein bisschen größenwahnsinnig und auch wagemutig habe ich mich zu dem Kursangebot angemeldet. Die zwei Stunden sogar überlebt und ebenso das Üben auf so gut wie jedem der Klaviere und Flügel im Hause. Ich muss einfach meine Angst vor akustischen Instrumenten verlieren. Ich kann inzwischen auch deutliche Unterschiede von Instrument zu Instrument wahrnehmen. Manche gefallen mir vom Klang her besser und ich fühle mich wohler, wenn ich auf diesen spiele.

 

Die Speisung ist in diesem Jahr wieder besonders gut gewesen. Ich habe in dieser Hinsicht schon schlimmes auf Chorakademien erleben müssen. Da ist dann Krems mit seiner „Nichtversorgung“ um Klassen besser gewesen, denn man konnte selber entscheiden ob und wo man essen geht. Hier in St. Pölten wirst du alle sechs Stunden gefüttert und zwar richtig gut. Morgens gibt es ein reichhaltiges Frühstücksbüffet, Mittags vier Gänge und abends immerhin noch drei.

 

In diesem Jahr habe ich sogar am Volkstanzabend teilgenommen. Es blieb mir, ehrlich gesagt, auch nichts anderes übrig. Hatte mich mit einigen Sängern schon gemütlich und einem Bier in der Hand im Cafeteria Bereich installiert, als die Hauptleitung hinter mir stand und ein „Gemma, Gemma, Gemma“ verkündet hat. Ich habe noch versucht mich raus zureden, mit "ich müsste mir erst noch ein wenig Mut antrinken". Das wurde aber 10 Minuten später nicht mehr akzeptiert. Dachte mir, nachher gehst für ein Viertelstünderl aufs Parkett und dann ist a Ruh. Es waren 5 Musiker dabei. Ein Tanzpaar in Tracht, das die Tänze für uns vorgetanzt hatte. Das ist sehr hilfreich. Eine von den Musizierenden hat auf einem Hackbrett gespielt. Ein tolles Instrumen mit einem wunderschönen silbriger Klang, gefällt mir sehr gut. Das würde ich sehr gerne auch einmal ausprobieren.
Das Tanzen war am Ende überraschenderweise doch so lustig, dass ich freiwillig bis zum Schluss dabei geblieben bin. Naja. Das Bier war dann schon recht lak zum Trinken. Habs halt englisch ausgetrunken: ohne Kohlensäure und warm.

 

IMG 20200207 085217Eines Abends bin ich ziemlich früh ins Bett. Hörte noch eine Sängerin in einem der Stimmbildungsräume üben. Eine traumschöne Melodie, viele Liege-, oder sagt man Haltetöne? Bin ins Bett und konnte darüber wunderbar einschlafen. Es stellte sich später heraus, das es ein Alleluja von John Tavener war. Und von unserer Sopran Solistin noch so spät am Abend geprobt. Noch nie von ihm gehört, aber mich sofort in dieses Lied verliebt.

 

Beim Heimfahren habe ich mich zweimal verfahren. Ausgerechnet als ich schon fast in München war. Irgendwann zwar wieder in die richtige Richtung zurückgefunden, aber es war anstrengend die zusätzliche und unnütz vertane Zeit auf die Fahrt drauf addiert zu bekommen.

In diesem Sommer wird die ICAK ebenfalls im Hippolyt Haus in St. Pölten stattfinden. Eine Umstellung in jeglicher Hinsicht. Das bedeutet jedenfalls das die örtlichen Heurigen, sofern vorhanden, von uns neu entdeckt werden müssen.