Juli 2019
Das viele Beschäftigen mit der Harmonielehre hat eine interessante zusätzliche Auswirkung gezeigt. Sitze ich abends noch mal ein wenig an den Aufgaben aus dem Krämer und versuche sie vom Klavier aus zu beantworten, beschäftigt mich das während der Nacht in meinem Unterbewusstsein. Es ist mir schon ein paar Mal passiert, das ich in der Früh wach wurde und eine Melodie geträumt hatte. Sie erschien mir ganz klar und logisch. Geradezu einfach. Und nachvollziehbar. Wollte sie dann nach dem Frühstück auf dem Klavier nachspielen, da konnte ich mich nicht mehr daran erinnern. Wie schade.
Letzthin hatte wieder so einen Traum. Ich habe mich sofort nach dem Aufwachen ans Piano gesetzt. Ich habe Kopfhörer und störe um 5:13 Uhr morgens wirklich niemanden wenn ich mich am Ausprobieren versuche. Es hatte sich beim Spielen auch ganz gut angehört. Ich war begeistert und habe die Töne aufgeschrieben.
Im nächsten Unterricht an der Jazzschule kam ich dann in Erklärungsnot. Ich sollte mir was ausdenken und habe hinterlistigerweise diese Melodie verwendet um die Tonika, Sub- und Dominante zu bezeichnen. Mein Dozent wollte wissen wo ich die Töne herhabe. Ich habe mich nicht getraut zu sagen das ich sie geträumt habe, das erschien mir zu exaltiert. Ich habe behauptet, ich hätte so was ähnliches im Radio gehört. Mit viel mehr Noten und das wäre der klägliche Rest an den ich mich erinnern kann. So ganz hat er mir das aber nicht abgenommen, das habe ich schon gemerkt.
Es sind vielleicht 10 Takte, ich kann sie schneller spielen und dann hören sie sich ein wenig nach Bach an, aber wenn ich sie in halbe und viertel spiele dann ist es schöne interessante Musik. Ich würde mir gerne noch etwas weiteres dazu ausdenken, aber es fällt mir momentan nichts mehr dazu ein. Oder vielleicht ein tolles Ende noch mal herbeiträumen.
Man sagt Träume sind verloren gegangene Erinnerungen. Ein netter Gedanke. Würde das bedeuten, ich habe in einem anderen Leben schon mal Klavierspielen können?
Es gibt immer noch Freunde und Familie von mir, die gar nicht wissen womit ich mir so begeistert seit über einem Jahr die Zeit vertreibe. Das Thema Musik ist in derer Leben nicht sehr präsent oder wichtig. Ich bemerke und bemerkte dies in der Vergangenheit immer wieder. So richtig mag mich in meiner Leidenschaft niemand begleiten.
Häufig bin ich hin und her gerissen zwischen Enttäuschung und Resignation. Ich will mich bestimmt nicht zu wichtig nehmen und versuche bei nicht vorhandenem Interesse verständnisvoll zu sein. Aber trotzdem finde ich von Zeit zu Zeit, es könnte sich verdammtnochmal doch jemand sehr ausführlich dafür interessieren.
Sind es die steigenden Ansprüche im Alltags- und Berufsleben die zu viel von uns fordern? Das wir deshalb wenig Kraft haben uns den Freunden zuwenden um sie in ihrer Begeisterung begleiten zu können? Weiß ich denn mit Sicherheit, ob ich als Freundin meinen Freunden beim Thema Mountainbiken, Bergsteigen oder Kochen genauso engagiert folgen kann, wie ich es mir eigentlich für mich wünschte? Vielleicht kann ich in ihren Augen auch nur wenige Momente mein Interesse für ihre Leidenschaften wachhalten?
Ach, wie oft beherrscht uns eine Seelenblindheit. Eine Entfremdung bei der das wechselseitige Verständnis für das Innenleben unter Freunden und zu dem anderen verloren geht. Liegts an einem selber, liegts an den anderen?
Wenn ich in den vergangenen Jahren bei großartigen Konzerten mitsingen durfte und zum Zuhören eingeladen habe, ist das von den Angesprochenen oft nur schwerfällig angenommen worden. Meist gibt es Entschuldigungen weshalb man keine Zeit hat zu kommen. Oder Erklärungen, warum man es gerade nur so eben und mit allergrößten Schwierigkeiten geschafft hat, sich das Konzert anzuhören. Und wie anstrengend das Davor war und auch das Danach wieder sein wird.
Deshalb traue ich mich nicht richtig für weitere Einstudierungen zu werben. Der Aufwand scheint so groß für mein Umfeld und die Freude an der Darbietung zu gering. Ich habe fast ein schlechtes Gewisssen ihre Zeit und auch Eintrittsgelder zu erbitten.
Als die Idee mit diesem Blog aufkam, hat mein Mann boshafterweise vorgeschlagen ihn „Claudias Monologe“ zu taufen. Die Adresse wäre sogar noch verfügbar hat er mit lauten und ziemlich frechen Jubel verkündet. Er hat schon das Schlimmste für sich befürchtet. Das ich ihn nun nicht nur mit langweiligen Erlebnissen aus dem Chor, sondern nun auch noch mit meinen Erfahrungen als Anfängerin im Klavierspiel und dem Erlernen desselben belästigen muss. Ich glaube fast, er findet das ich zuviel von Musik oder Chorerlebnissen rede!
Nur der sehr empörte Einspruch meinerseits konnte diesen Blognamen gerade noch verhindern. Da erschien mir der Name Klavierblog-Beginner doch etwas passender.
Interessant wird es, wenn ich, was selten genug vorkommt, erzähle das ich einen Blog über meine Erlebnisse als Klavieranfängerin schreibe. Viele haben keine Ahnung was das ist und antworten simpel: „Ach ja?“ Dann: nichts weiter. Manchmal bin ich mutig und frage nach: „Weißt du was das ist, ein Blog?" „Ja, irgendwas im Internet. Etwa ein Bericht oder ähnliches?" Andere sagen: „Um Gottes Willen. Ich lese niemals Blogbeiträge." Etwas bedrohlich: "Weißt du was ich von Leuten halte, die einen Blog führen?" Anderer O-Ton: „Täte es nicht auch ein Tagebuch? Muss man denn unbedingt seine Erfahrungen ins Netz stellen?" Oder: „Kannst du sehen wer deine Seiten liest?" Nein! Das kann ich nicht. „Warum hast du keine Kommentarfunktion eingestellt?" Wirklich: ich fürchte mich von negativen Bemerkungen. Es gibt so viele Trolle und seltsame Vögel da draußen, die genügend Zeit aus ihrem Leben investieren können um ihre überheblichen Gedanken in diversen Foren zu verbreiten. Ich bin sicher nicht stark und selbstbewusst genug, um das so einfach wegzustecken, wenn sie auf diesem Blog herumhacken sollten.
Auf der anderen Seite fände ich es natürlich schon toll wenn eine Art Austausch vom Leser zur "Autorin" stattfinden könnte. Mich würde es schon interessieren was die Leser vom Inhalt meines Blogs halten. Ob mein Vorhaben motiviert oder eher abschreckt? Ich gehe ja durch viele Auf und Abs. Sehr viele Nachrichten erhalte ich nicht. Die Motivierungsmails und Aufmunterungen die ich bisher erhalten habe, machen mich aber sehr froh. Danke dafür.
In erster Linie schreibe ich natürlich diesen Blog für mich selbst. Häufig kann ich mich nach dem Schreiben etwas besser organisieren oder Vergangenes leichter verarbeiten oder einsortieren. Aber trotzdem hoffe ich auch, das der eine oder andere Leser dieses Blogs von meinen Erfahrungen profitieren kann. Vielleicht Mut bekommt, es auch zu versuchen. Falls er diesen Wunschtraum ebenso tief im Inneren hüten sollte. Für mich wäre es im Frühjahr des letzten Jahres sehr hilfreich gewesen wenn ich etwas ähnliches im Netz gefunden hätte.
Einmal war mir sehr sehr langweilig und ich hatte wirklich nichts gescheites zu tun. Da habe ich mir alle Einträge noch mal durchgelesen. Vieles habe ich in der Tat schon wieder vergessen gehabt oder anders in Erinnerung gehabt. Das war ursprünglich auch so eine Hoffnung von mir der für einen Blog gesprochen hat: dem eigenen Vergessen Einhalt zu gebieten.
Ich hatte sogar schon mal überlegt ob ich nicht auch mal einen Blog über meine Arbeit anlegen sollte. Bin ja jetzt so einigermaßen in der Materie drinnen. Und es könnte psychologisch reinigend wirken, denn viele Dinge und Anforderungen in meinem Beruf sind anstrengend und belastend. Der Arbeitsalltag einer Altenpflegerin in allen Bereichen bietet viele Möglichkeiten die Zeilen zu füllen. Patienten, Angehörige, Ärzte, Apotheken, Nachbarn, sogar selbst die Müllabfuhr alle zwei Wochen müssen bedacht und eingeplant werden.
Ich mit-organisiere Leben von Menschen, die ganz am Ende ihres Lebens stehen. Bin darin manchmal erfolgreicher als beim Planen und Vollziehen meines eigenen Lebens.