Februar 2019
- Paradisi gloria
Die internationale Kirchenmusikwoche „Laudate Dominum“ in St. Pölten, Niederösterreich, ist etwas kompakter als die ICAK in Krems. Kein Wunder, einer der Dozenten von der Kirchenmusikwoche ist der Leiter der ICAK und hat sicherlich einen großen Impuls zum Ablauf vom Laudate Dominum gesetzt.
Der Hauptleiter ist Organist und Komponist. Ein Mann dem nachgesagt wird das er unzählige Sprachen fließend beherrscht. Der bei Ansagen mit dem typisch wienerischen Schmäh staubtrocken und mit völlig neutraler Miene die lustigsten Dinge sagen kann. Ich hätte mich regelmäßig wegwerfen können vor Vergnügen. Das mit den Sprachen mag wohl stimmen, den es sind Teilnehmer aus Russland, Schweden, Italien, Holland und den USA dabei gewesen und er konnte ohne eine Sekunde zu zögern aus einer deutschen Unterhaltung in die jeweilig andere Sprache wechseln.
Allerdings wendet sich die Woche hauptsächlich an Kirchenmusiker oder Organisten. Sie sollen neues Liedgut kennenlernen und das Improvisieren an der Orgel verbessern. Trotzdem können sehr wohl auch interessierte Laien daran teilnehmen.
Das Program ist etwas kompakter als die ICAK und dauert nur 6 Tage. In den sechs Tagen beginnt man den Probentag mit einer Morgenandacht und abends wird das, was man tagsüber einstudiert hat, bei dem Abendgottesdienst zur Aufführung gebracht. Diese Andachten sind auch für kirchenferne Menschen als Momente der Kontemplation zu betrachten. Man singt, man kann schweigen und kommt innerlich wunderbar zur Ruhe.
Morgens zieht der Dechant in seiner Ansprache viele Querverweise zum Hauptwerk, in diesem Jahr Dvoraks "Stabat Mater". Er macht das mit großer Begeisterung und viel Hintergrundwissen. Denn er hat eine Zeitlang parallel Kirchenmusik und Theologie studiert, weil er sich nur schwer für eines entscheiden konnte. Aber durch seine Anmerkungen bekommt man auf die Art und Weise einen ganz anderen Zugang zur Thematik. Daneben wurde von Anton Heiller das Dreifaltigkeitproprium, von Rheinberger die Missa in G und Mozarts Missa brevis in D vorgestellt.
Zusätzlich besteht die Möglichkeit an einem der Studiochöre teilzunehmen, an Dirigieren für Anfänger oder Dirigieren Interpretation. Es gab ein Orgelseminar, ein Liturgieseminar, den Kammerchor mit schwedischer Chorliteratur, den Favoritchor und Stimmbildung bei fünf Stimmbildnern. Man konnte an einem Seminar teilnehmen in dem die Kodaly Methode vorgestellt wurde. Das hätte mich sehr interessiert. Mit dieser Methode kann man im Chor durch Solmisation und Gehörbildung sehr schnell gute Ergebnisse erzielen. Das hat nur leider zeitlich mit dem Favoritchor kollidiert und der Referent von diesem ist ein so überaus liebenswürdiger und feinsinniger Mensch, das ich unbedingt daran teilnehmen wollte.
Es ist mein 2tes Mal auf dem Laudate Dominum, und ich habe somit schon eine Vorstellung gehabt wie der Ablauf von der Woche ist. Aus meinem Heimatchor hatten zwei Mitglieder ebenfalls Interesse und wir sind zu dritt dorthin gefahren. Man trifft auf viele bekannte Gesichter, die auch in Krems oder auf der Chor- und Orchesterwoche in Hinterschmiding zu finden sind. Das ist jedesmal ein großes freudiges Hallo beim Ankommen.
Wenn man einmal von diesen Chorwochen angefixt ist, ….... !
Die Unterbringungsmöglichkeiten sind komfortabel. Das kirchlich geführte Haus hat nur längst nicht alle der 130 Teilnehmer aufnehmen können und so mußte ein kleiner Teil der Sänger der sich zu spät angemeldet hat, außerhalb nächtigen. Die Verpflegung ist gut, kein Vergleich zu dem Dilemma das in Krems mit dem Caterer in der StuWo einhergeht. Aber nachdem die ICAK im Juli stattfindet, kann man das Prinzip „Nahrungsaufnahme“ ganz gut umgehen. Bei der normalerweise dort vorherrschenden Hitze um diese Jahreszeit hat man eh nicht soviel Hunger.
Im Hippolyt Haus in St. Pölten sollte man eine Abmagerungskur eher nach der Woche in Betracht ziehen, weil das Essen dort reichhaltig und gut ist. Es wird großen Wert auf die Qualität der Nahrung gelegt. Man muß das Haus keinesfalls verlassen und kann den Tag ganz gemütlich in Hausschuhen und bequemer Kleidung beim Singen verbringen.
In diesem und auch im letzten Jahr ist eine Truppe von ca. 12 US-Amerikaner dabei gewesen. Sie stammen aus South Carolina und sind Musikstudenten. Eine der älteren TN war im vergangenen Jahr auch schon dabei gewesen und wir haben uns öfters unterhalten. Sie ist eigentlich Rockmusikerin und spielt E-Gitarre in einer Jimmy Hendricks Coverband. Aber nur Rockmusik zu spielen findet sie inzwischen langweilig. Deswegen macht sie an dieser Uni nun eine klassische Ausbildung. Die Amerikaner singen alle schön und mutig, nur wurden sie trainiert mit Vibrato zu singen. Das kann einen in den Wahnsinn treiben. Man hört sehr genau in welcher Ecke einer von ihnen steht.
Ich habe mir in diesem Jahr ein paar meiner Klaviernoten mitgenommen und es geschafft eigentlich jeden Tag ein Viertelstündchen an einem der vielen Klaviere etwas zu üben. So ein Streber bin ich schon geworden.
Einmal war ich so verwegen und habe an diesem schönen Flügel im Festsaal ein wenig die Jazzkadenzen, die ich von dem ersten Blatt inzwischen schon auswendig kann, ausprobiert. Das hört sich in so einem großen Raum und an solch einem tollen Instrument schon sehr beindruckend an. Eine Sängerin aus dem Alt gesellt sich ganz begeistert zu mir und kann die Akkorde benennen und weiß auch welcher notwendigerweise darauf folgen muß. Du lieber Himmel, wie kann man nur so musikalisch sein?
Auf meine Nachfrage sagt sie, das sie eigentlich nicht wirklich Klavier spielen kann. Hatte eh nur mal zwei Jahre Klavierunterricht, irgendwannn noch zwei Jahre Saxophonunterricht, dann mal drei Jahre Gitarre, und was weiß ich, welche weiteren Instrumente sie kurzzeitig noch spielen gelernt hat. Singen kann sie nebenbei gesagt auch sehr gut!
Das Abschlußkonzert findet im Dom zu St. Pölten statt. Bei den Temperaturen im Februar eine frostige Angelegenheit. Die Konzertkleidung sollte schon dunkel sein, aber hauptsächlich muß sie wärmend sein. Alles andere wäre nicht auszuhalten. Generalprobe und Aufführung finden am selben Tag statt. Das bedeutet viele Stunden Herumstehen in dem kalten Dom.
Die Heimfahrt zu dritt war sehr schön, weil man gemeinsam Resümee ziehen, ein wenig schwärmen und die ganze Woche noch einmal aufbereiten kann. Das hilft etwas um dann wieder im Alltag anzukommen. Auch im Heimatchor muß man sich wieder einfügen lernen, weil das gesangliche Niveau auf so einer Woche in der Regel höher ist als zu Hause.
Wenn man in so kurzer Zeit so intensiv in der Musik eintauchen darf ist es eine schwere Angelegenheit im Hier und Jetzt aufzuschlagen. Die Verpflichtungen, der Alltag, die Arbeit das erscheint mir dann meist noch mühseliger als vor so einer Woche.
Aber es ist wie eine kleine Flucht, ein künstlerischer Trip, herausgenommen aus der Realität. Mit lauter Gleichgesinnten und friedlichen Menschen unter deren Gesellschaft, so scheint mir, einem nichts passieren kann. Ich fühle mich sicher und wohl aufgehoben auf diesen Wochen.