Sehr gut. Ich habe mich getraut und dem Dozenten an der Neuen Jazzschool gestanden das ich mich mit den Septakkorden überfordert fühle. Ich bin motorisch (noch) nicht in der Lage sie zu spielen. Bei diesem Tempo, das er hier anschlägt, kann ich nicht mithalten. Ich merke, ich bekomme Angst weil ich sowenig von den grundlegenden musikalischen Zusammenhängen verstehe. Auch sind mir die Bedeutungen mancher Begriffe oft unklar. Er zeigt Verständnis und ich bin erst mal befreit. Und stolz auf meinen Mut dies alles zu zugeben.
Die Stunde wird eine tolle. Ich bekomme ein neues Stück zum Kennenlernen. Es stehen zwar auch Akkorde über der Melodie, aber ich habe seine Zustimmung sie noch zu ignorieren und nur den Grundton davon zu spielen.
Es ist eine wunderhübsche kleine Miniatur. Und in zwei Teile gegliedert. Der erste etwas sprunghafter, der zweite wellenartiger. In der Stunde konzentrieren wir uns auf den ersten Teil. Schwierig für mich, denn ich kann ja noch nicht auf belastbare Notenkenntnisse zurückgreifen. Zwar kann ich sie vom „C“ raufzählen, aber das dauert seine Zeit. Und manche Noten wollen ständig verwechselt werden. Wenn es dann heißt: „Spielen Sie das „G“, dann denke ich, ich spiele das „G“, aber leider ist es ein „A“. Aber noch habe ich einen gelassenen Lehrer.
Daheim übe ich intervallartig immer für kurze Zeit. Aus Langeweile fange ich mit dem zweiten Teil an. Der fällt mir seltsamerweise etwas leichter als das Rumgehopse auf den Noten in den ersten 8 Takten.
Es heißt „Townhall Square“ und es gefällt mir sehr gut. Ich muss den Dozenten fragen, ob er die Übungsstücke selber komponiert und schreibt.
Ich bekomme die Anweisung eine aufrechte und entspannte Haltung beim Klavierspielen einzunehmen. Lockeres Handgelenk, nicht zu flach, die Tasten beherzt drücken, bei den Akkorden im Idealfall alle gleichzeitig. Würde ich alles allzu gerne befolgen. Wenn ich bewusst darauf achte, weiß ich das zwar die Haltung stimmt, aber die Konzentration für die richtige Tonfolge nachlässt.
Auch schaffe ich es nicht alle Finger auf den Tasten liegen zu lassen, wenn sie grade nicht gebraucht werden. Drücke ich eine Taste, ragen andere Finger ohne Grund in die Höhe. Warum bloß das? Nebenbei scheine ich beim Spielen eine Art Aktions/Bewegungs-Tremor zu entwickeln. Das ist mir bislang bei mir noch nicht aufgefallen. Natürlich habe ich nicht so häufig auf meine Hände gesehen, wie ich es nun seit kurzem mache. Oder ist die Aufregung und die Anspannung vegetativ bedingt? Es entsteht für mich während der Stunde eine Art Prüfungssituation. Möchte Fragen gescheit beantworten, die richtigen Tasten drücken, im richtigen Tempo, am liebsten mein Unwissen geschickt verschleiern. Ziemlich blöd, nicht wahr? Die Situation ist ja offensichtlich. Ich komme um zu lernen und mein Lehrer hat sich die Aufgabe aufgehalst mir dabei zu helfen. Wobei er sich sehr tapfer schlägt. Er wirkt immer ruhig.
Oder ist es die zunehmende berufliche Arbeitsbelastung die mir zu schaffen macht? Vielleicht bin ich auch nur im Unterzucker weil ich häufig übergangslos und ohne was zu essen direkt nach der Arbeit in die Beruffachschule fahre?
Wohlmeinende Menschen aus meinem Umfeld versuchen mich zu beruhigen. „Es ist erst deine vierte Stunde. Du bist Anfängerin. Gib dir Zeit.“ Ich bemerke das es ganz gut für mich ist, hier in diesem Blog zu schreiben. Nicht jeder aus meinem Bekanntenkreis hat die Geduld oder die nötige Empathie mir bei meinen Ausführungen zu folgen. Allzusehr möchte ich den Familen-, Freundes- und Bekanntenkreis nicht mit meinen Erkenntnissen belasten.
Doch es erfüllt mich zur Zeit sehr mich mit diesem Thema zu beschäftigen. Es ist aufregend. Es ist spannend. Manchmal frustrierend. Manchmal beglückend. Und. Oder. Es ist soviel!