Nazaza Trillirivos

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Mai 2022

Auf dem Chorprobenwochenende für das Konzert der Carmina Burana habe ich zum ersten Mal mein Lampenfieber ein wenig niederringen können. Der riesige Probensaal hatte einen Flügel. Zweimal habe ich es während einer längeren Pause geschafft mich davor zu setzen und auf ihm zu spielen. Ich hatte nur die Partituren für die Carmina und Elgars „Songs from the Bavarian Highlands“ dabei gehabt. Das heißt, ich mußte meine Übungstücke auswendig spielen.
Meine Scheu an so einem mächtigen Instrument zu spielen ist groß. Die Angst, das jemand den Saal betritt und mir zuhört erheblich. Trotzdem konnte ich mich überwinden und die „Engelsstimmen“ spielen. Das Stück ist nicht so schwer und ich kann es zwischenzeitlich gut abrufen. Ein großer Schock läßt mir jedoch gleich am Anfang die Finger einfrieren. Jemand aus dem Sopran betritt mit den Worten den Saal: „Das habe ich doch erst gestern schon mal gehört!“ Die Schwiegermutter meines Klavierlehrers hat die Melodie wiedererkannt.
Am Tag vor dem Chorwochenende hatte ich eine Klavier- und Flötenstunde bei ihnen im Haus.

IMG 20220430 161046Ich habe mich sehr tapfer bemüht trotzdem weiter zu spielen und sie war so freundlich mir zu sagen das das nun schon ganz gut klingt. Und dann wirkte sie ehrlich überrascht als sie gesehen hat, das ich ohne Noten spiele.
Mir ist ganz warm im Herzen geworden. Nach und nach sind mir die anderen Stücke eingefallen, die ich zur Zeit übe. Irgendwann kam noch jemand aus dem Chor rein, ging aber wieder und als dann der nächste Chorsänger reinschaute war ich schon fast an Publikum gewöhnt.
Als ich bei „Mannenberg“ bestrebt war Töne zu den Akkorden zu finden, also quasi eine Art von Improvisationsversuch, habe ich mich gar mit einer unterhalten können. Ich bin ganz ruhig gewesen. Und hinterher sehr glücklich.
Am nächsten Tag hat ein Mitsänger, der im Gegensatz zu mir, wirklich gut spielen konnte den Flügel in der Pause besetzt. Da habe ich einfach draußen abgewartet bis er zum Essen abgezogen ist und ich ungestört üben konnte.

Nicht nur aus diesem Grund war es ein fantastisches Wochenende. Auch das Proben in Gemeinschaft, das viele Singen, unser toller Chorleiter, die lieben Mitsänger, das gute und gemeinsame Essen waren ein wunderschönes Erlebnis. Schmerzlich vermisst nach der langen Corona Pause.
In der Probenendphase vor einem Konzert ist das ganze Denken erfüllt von der Musik. Morgens erwacht man auf und hat Sequenzen aus dem Werk als Ohrwurm. Mit diesen schrägen Texten, weil so alt, wie „Swaz hie gat umbe“ oder „Nazaza trillirivos“ oder das schwungvolle „Tempus est iocundum“. Das ist der Zeitpunkt an dem der Chor meist reif ist für eine Aufführung.

Den Satie habe ich wieder aktiviert. Irgendwann im Verlauf des Frühjahrs ist er mir entglitten. Ich hatte keine geistigen Kapazitäten frei für die unbekannten Noten unten im Bass und ihn in der Klavierstunde unauffällig-auffällig nie dabei gehabt. Nun habe ich meinen Klavierpädagogen gebeten mich nicht mehr ausweichen zu lassen. Ich glaube aber, so ganz gut gefällt ihm die Gymnopedie nicht. Er sagt, er hat sie selber nie gespielt. Meinte aber ermutigend, das wäre doch ein sehr guter Zeitpunkt es endlich auch mal zu lernen.
Sie ist perfekt dafür geeignet sie abends als allerletztes Stück zu üben. Und das Pedal, ach, das Pedal! Die ruhigen Töne, viele bleiben liegen, fahren den Geist runter. Die Gedanken springen nicht mehr wild durcheinander und fokussieren sich auf die Melodie. Ich kann danach meist recht gut danach einschlafen.